Der Umgang mit Fehlern und Schwächen gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben einer Führungskraft. Dies betrifft nicht nur die Fehler von anderen Leuten, sondern auch die eigenen.
Selbstverständlich geht es in Unternehmungen darum, Fehler zu vermeiden oder zu minimieren. Denn Fehler können materielle oder personelle Schäden nach sich ziehen, und verursachen Leid und Kosten. Zu viele Fehler können sich schlussendlich belastend auf das Unternehmensimage auswirken. Wenn jedoch Fehler ein bestimmtes Mass nicht überschreiten, sind sie eine gute Sache. Denn aus Fehlern lernt man eindeutig mehr als aus Erfolgen.
Es gibt Unternehmen, in denen deutlich weniger Fehler produziert werden als in vergleichbaren anderen Unternehmen. Es sind Organisationen, wo sich Fehler dramatisch auswirken können. Beispiele sind die Feuerwehren in den USA, die sich auf Waldbrandbekämpfung spezialisierten, oder Flugzeugträger, Atomkraftwerke, Notfallteams im medizinischen Bereich, Herzchirurgie-Kliniken für Kinder. In Studien hat man diese Unternehmen, die man High Reliability Organizations / HRO’s nennt (Organisationen mit hoher Zuverlässigkeit) untersucht und festgestellt, dass in diesen Organisationen ein ganz besonderes Führungssystem gelebt wird. Das System der Achtsamkeit.
Bei der Achtsamkeit geht es um die Qualität der Aufmerksamkeit. Fünf Prinzipien stehen hinter dem Begriff der Achtsamkeit. Zum einen geht es um die Konzentration auf Fehler, um die Abneigung gegen vereinfachte Interpretationen und um die Sensibilität für betriebliche Abläufe. Und zum anderen um das Streben nach Flexibilität und vor allem um den Respekt vor dem fachlichen Wissen und Können der Mitarbeitenden auf allen Stufen.
Fehler sollen nicht vertuscht und unter den Teppich gekehrt werden, sondern sollen förmlich akribisch aufgespürt, diskutiert und genutzt werden. Fehler sollen in einem frühen Stadium erkannt werden in dem es noch möglich ist, flexibel auf sie zu reagieren. Betriebliche Abläufe mit verstecktem Fehlerpotential sollen und dürfen hinterfragt werden. Hierarchisches Denken ist in diesen HRO’s geradezu verpönt und man misst der Fachkenntnis von Mitarbeitenden der sogenannt „unteren Stufe“ eine hohe Bedeutung bei. Man achtet die hohe berufliche Kompetenz der Leute mit den schmutzigen Overalls. Weil es oft gerade diejenigen sind, die als erste die Fehler riechen.
Seit es Menschen gibt machen Menschen Fehler. Bereits Konfuzius hat festgehalten: Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten. Und Cicero: Jeder Mensch kann irren, aber nur Dummköpfe verharren im Irrtum!
Auch in der heutigen Gesellschaft und in heutigen Unternehmen kann man Fehler weder erlauben noch verbieten. Auch der Nobelpreisträger Perutz sagt: ohne Fehler kein Fortschritt.
Nur gute und motivierte Mitarbeitende bringen ein Unternehmen weiter. Aber auch guten Mitarbeitenden passieren Fehler. Eine negative Fehlerkultur kann die Motivation jedoch im höchsten Grade ankratzen. Was macht sie denn aus, die konstruktive Fehlerkultur, und wo liegt ihr immenser Nutzen? Eine Fehlerkultur kann nur im Einklang mit der Respektkultur, der Kommunikationskultur (auch Zuhörkultur) zu einer gesamtheitlichen Vertrauenskultur zusammengefügt werden und wirken. Somit ist die Schaffung einer Vertrauenskultur die zwingende Basis hierzu. Der Arbeitsalltag darf nicht geprägt sein von Revierdenken, Eigeninteressen und Schuldzuweisungen. Den Mitarbeitenden soll die Angst vor Fehlern genommen werden.
Schuldzuweisungen dürfen nicht zugelassen werden. Wer einen Fehler meldet, auch einen eigenen, soll eher belohnt als bestraft werden! Fehlervertuschungen dürfen nicht toleriert werden. Faule Ausreden für gemachte Fehler und das Abschieben der Verantwortung auf äussere Umstände sind ebenso nicht tolerierbar. Man muss zu den Fehlern stehen dürfen! Es geht nicht um die Schuldigkeit, sondern um die Chance herauszufinden, wie künftig gleiche Fehler vermieden werden können.
Bei Fehlern muss Klartext geredet werden. Als Vorgesetzter darf man nicht akzeptieren, dass im Team zu viele Fehler passieren. Eine offene Fehlerkultur ist keine Einladung zum Fehlermachen. Vielmehr zieht sie darauf ab, die Leistungsqualität und –Fähigkeit im Unternehmen stetig zu verbessern. Insofern soll nicht über Fehler lamentiert werden, sondern es sollen konstruktive und dauerhafte Lösungen für das Problem erarbeitet werden.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den erhofften Nutzen einer konstruktiven Fehlerkultur ist einmal mehr die Vorbildfunktion des Chefs. Als Erster muss ER über seine Missgeschicke reden und seinen Mitarbeitenden die Angst vor Konsequenzen nehmen.